Der Mediziner Michael M. Kochen berichtet in seiner aktuellen Newsletter erneut über den Umgang mit dem Impfstoff von Astra Zeneca und über das Impfen in den Hausarztpraxen.
Der deutsche Mediziner Prof. Dr. med. Michael M. Kochen präsentiert in seiner Newsletter MMK-Benefits regelmäßig hausärztlich relevante Studienergebnisse. Prof. Kochen. hat seine Newsletter dem Institut für Allgemeinmedizin und Sonderausbildung zu Verfügung gestellt.
Liebe Kolleginnen, liebe Kolleginnen,
die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hält – nach einigen Tagen der Überprüfung und wie erwartet – an seiner Empfehlung fest, den Astra Zeneca-Impfstoff (AZD1222) weiter ohne Einschränkung zu verimpfen.
Über das Für und Wider der Entscheidung von BMG Jens Spahn (der Empfehlung des Pauls-Ehrlich-Instituts zu folgen; etliche europäische Länder hatten bereits vorher so entschieden) kann man lange diskutieren – ich will das an dieser Stelle nicht tun. Unsere Aufmerksamkeit sollte sich vielmehr auf den morgen (19. März 2021 Anm. d. Red.) stattfindenden sog. Impfgipfel im Kanzleramt mit dem Ministerpräsidenten der Bundesländer richten: Dort soll u.a. darüber beraten werden, wann mit Impfungen in den Hausarztpraxen begonnen werden soll.
Dazu einige Überlegungen:
- Die Hausärzte dürften nicht nur bevorzugt mit AZD (Astra Zeneca-Impfstoff) versorgt werden, sondern trügen auch die Last, die reputationsgeschädigten Vakzine an ihre Patienten zu bringen. Nach meiner festen Überzeugung müssten selbstverständlich auch die Vakzine von Biontech und Moderna (vom Vektor-Impfstoff J&J ganz zu schweigen) zum Einsatz kommen, was logistisch ja keinerlei Probleme verursacht.
- Geht die impfende Hausärzteschaft nach STIKO-Priorisierung vor, müssten bevorzugt die zuhause wohnenden Alten geimpft werden, die ein starkes Vertrauensverhältnis zu ihren Hausärzten haben.
- Mit der Information, dass die (inzwischen acht) Fälle von Hirnvenenthrombosen mit Immunthrombopenie alle bei Personen unter 60 Jahren aufgetreten sind, könnte man die alten Patienten zusätzlich beruhigen. Auf dieser Basis könnten noch viele in dieser Altersgruppe geimpft werden. (NB: Eine Literaturrecherche zeigt übrigens, dass solche Immunthrombopenien (ITP) ein zwar insgesamt seltenes, aber bekanntes Phänomen bei geimpften Kindern sind, insbesondere bei denen, die MMR erhalten haben. Extrem selten kann auch bei einem Kind eine Hirnvenenthrombose auftreten.)
- Ein weiterer Vorteil wäre, dass die ausgeprägte Reaktogenität auf AZD bei Jüngeren deutlich ausgeprägter ist als bei Älteren.
Noch einige Überlegungen politischer Art:
Wenn man einmal von der chaotischen Methodik der AZD-Zulassungsstudien absieht, gibt es seit Monaten so etwas wie ein konstantes Bashing in einigen prominenten Medien gegen diesen Impfstoff.
- Obwohl z.B. die (geringe) Thromboseinzidenz in den englischen Datenbanken zu ungunsten von Biontech ausfällt (wie auch der Schutz vor Todesfällen nach der ersten bzw. zweiten Dosis für und nicht gegen AZD spricht), hört man über Comirnaty nichts Negatives.
- Ist das etwa Zufall?. Die Story fing ja mit der verrückten Titelseite des Handelsblattes an (Sie erinnern sich vielleicht an das Benefit „Ein kurzer Impfkrimi“ vom 24.2.21.)
- Ich wäre nicht wirklich verwundert, wenn hier Absicht bzw. gezielte Protektion der m-RNA-Impfstoffe im Spiel wäre. Immerhin geht es um einen Milliardenmarkt, der auch über die nächsten Jahre gute Gewinne abwerfen wird. Für investigative Journalisten eigentlich ein gefundenes Fressen…
herzliche Grüße,
Michael M. Kochen
Prof. Dr. med. Michael M. Kochen, MPH, FRCGP
Emeritus, Universitätsmedizin Göttingen
Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Freiburg
AG Infektiologie und Leitliniengruppe Neues Coronavirus, Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Ordentliches Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft