Entzündungshemmende, schmerzstillende und fiebersenkende Medikamente werden häufig zur symptomatischen Behandlung von Infektionserkrankungen und Impfreaktionen eingesetzt. Kann ihre Verwendungen den Erkrankungsverlauf und den Impferfolg beim SARS-CoV-2 nachteilig beeinflussen? Dr. Christian Wiedermann hat in der Fachliteratur nach Antworten gesucht.
Dieser Beitrag ist Teil der Covid-19-Beratung für Allgemeinmediziner:innen. Anhand neuester Informationen der internationalen wissenschaftlichen Institute und aktueller Studienergebnisse beantwortet das Forschungsteam des Instituts laufende Fragen rund um das Coronavirus. Die Antworten werden auf dem Blog veröffentlicht und stehen allen Interessierten zu Verfügung.
Die symptomatische Behandlung von Infektionen stützt sich auf Antipyretika und Analgetika bei Fieber, Myalgien und Kopfschmerzen. Im Allgemeinen wird Paracetamol bevorzugt. Die Verwendung von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) ist empfohlen, wenn Paracetamol nicht gegeben werden kann oder die Symptome auf Paracetamol nicht ansprechen. Sind NSAR erforderlich, wird die niedrigste wirksame Dosis verabreicht, um deren im Vergleich zu Paracetamol häufigeren Nebenwirkungen zu minimieren. NSAR, die wegen anderer Erkrankungen chronisch eingenommen werden, werden bei Nebenwirkungen, wenn möglich, ersetzt.
Paracetamol ist auch bei Patienten mit COVID-19 das bevorzugte symptomatische Mittel. Wegen bei COVID-19 geäußerter Bedenken gegen NSAR, war Paracetamol zunächst als Alternative empfohlen worden.1 Dann aber wurde auch Paracetamol selbst in Frage gestellt.2,3 Es ist deshalb notwendig, den aktuellen Wissensstand zusammenzufassen:
Die Verabreichung von NSAR ist nach einer rezenten Meta-Analyse nicht mit den erhöhten Risiken verbunden,
- sich mit dem schweren akuten respiratorischen Syndrom Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) zu infizieren,
- wegen einer Coronavirus-Erkrankung 2019 (COVID-19) ins Krankenhaus eingewiesen zu werden,
- einen schweren COVID-19-Verlauf zu haben oder
- daran zu sterben.4
Nach dieser systematischen Untersuchung gibt es keinen Grund, NSAR nicht zu verwenden, wenn die Symptome einer SARS-CoV-2-Infektion bei Bedarf gelindert werden sollen.
Zu Beginn der Pandemie waren Bedenken wegen möglicher negativer Auswirkungen von NSAR bei Patienten mit COVID-19 geäußert worden.5 Diese haben sich in einer retrospektiven Kohortenstudie vom Shamir Medical Center in Israel jedoch nicht bestätigt. Von den 403 untersuchten COVID-19-Patienten benötigten 44 Patienten (11 %) Atemunterstützung und 12 (3 %) starben; in dieser Kohorte war die Anwendung von Ibuprofen im Vergleich zu Paracetamol oder keinem Antipyretikum nicht mit schlechteren klinischen Ergebnissen verbunden.6
Eine dänische Studie an über 9.000 Personen, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet waren, kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Die Anwendung von rezeptierten NSAR war weder mit der 30-Tage-Mortalität noch mit einem Krankenhausaufenthalt, der Aufnahme auf die Intensivstation, der mechanischen Beatmung oder der Nierenersatztherapie verbunden.7
Eine definitive Bestätigung dieser Beobachtungsstudien erbrachten große Bevölkerungsuntersuchungen zur NSAR Verwendung bei COVID-19, die vom Nationalen Gesundheitsdienst in Großbritannien durchgeführt worden sind, wonach die ursprünglich geäußerten Bedenken fallen gelassen wurden.8–10
Paracetamol bei Impfnebenwirkungen
Paracetamol und andere fiebersenkende Schmerzmittel werden regelmäßig eingesetzt, um Impfnebenwirkungen zu behandeln. Allerdings wird diskutiert, was dies für die Wirksamkeit bedeutet.11 Experten und Expertinnen des Robert-Koch-Instituts gehen aufgrund der Erkenntnisse aus Studien mit anderen Impfstoffen davon aus, dass eine prophylaktische Gabe von fiebersenkenden oder schmerzlindernden Medikamenten nicht empfehlenswert ist. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand gibt es jedoch keine Evidenz, dass die Gabe dieser Medikamente beim Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen nach der Impfung den Impferfolg signifikant beeinflussen könnte.
Fazit
NSAR- und Paracetamol-Indikationen für SARS-CoV-2 Impfreaktionen und Erkrankungsmanifestationen unterscheiden sich nicht von ihren Indikationen bei anderen Virusinfektionen und -impfungen. Beide können nach aktuellen Empfehlungen als entzündungshemmende, schmerzstillende und fiebersenkende Medikamente gegeben werden.
Für das Institut Christian Wiedermann, Internist und Wissenschaftler am Institut für Allgemeinmedizin und Public Health.
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